Preisverleihung des Unternehmerpreises „Wir für Anerkennung“

24.09.2018

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

herzlichen Willkommen hier im Tempodrom – ein Gebäude mit futuristischer Architektur und zukunftsweisender Ästhetik. Ein sehr passender Ort, wie ich finde, um Unternehmen auszuzeichnen, die neue innovative Wege gegangen sind.

Sie sichern durch ihr wegweisendes Engagement bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen die erfolgreiche Zukunft ihrer Unternehmen und schaffen damit gleichzeitig optimale berufliche Perspektiven für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das nenne ich fortschrittliches Unternehmertum. Ihren aktiven Beitrag zur Integration von Menschen in unsere Gemeinschaft möchten wir deshalb heute anerkennen.


Verkürzt könnte man auch sagen, wir prämieren heute mit dem Unternehmenspreis „Wir für Anerkennung“ die konsequente Nutzung von Chancen. Denn genau darum geht es bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen:

Die Chance für die Unternehmen, sich das Know-how und Fachwissen dringend benötigter Fachkräfte zu sichern. Ein Garant, um auch in Zukunft erfolgreich am Markt bestehen zu können.

Die Chance für die Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen Ihrem erlernten Beruf nachzugehen. Eine wichtige Voraussetzung für die volle Entfaltung ihrer Talente sowie die Lebenszufriedenheit der Menschen.

Und schließlich die Chance für unsere Wirtschaft und Gesellschaft, sich erfolgreich gegen den drohenden Fachkräftemangel zu stemmen. Hierfür sind hochmotivierte und gut integrierte Fachkräfte unerlässlich.

Natürlich gelingt dieser Dreiklang nicht alleine! Hier bedarf es auch der umfangreichen Unterstützung durch Experten. Deshalb möchte ich mich bei den hier anwesenden Vertretern des Deutschen Industrie- und Handelskammertages sowie des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks für ihr besonderes Engagement und ihre Fachkompetenz im Rahmen des Anerkennungsverfahrens ganz herzlich bedanken.

Ich kann nur dafür werben - auch an die abgesandten Vertreter der Kommunen gerichtet - die Unternehmen und Kammern in ihrem jeweiligen Kreis dabei zu unterstützen.

Die Grundlage für die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen haben wir 2012 mit dem Anerkennungsgesetz geschaffen: Einen Rechtsanspruch auf die Überprüfung ausländischer Berufsqualifikationen. Und das unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Darüber hinaus haben wir mit dem Gesetz erstmals bundeseinheitliche Verfahren implementiert. Eine wichtige Voraussetzung um im internationalen „Wettbewerb um die besten Köpfe“ bestehen zu können.

Wir haben mit dem Anerkennungsgesetz insbesondere zwei Ziele verfolgt:
1. Bereits in Deutschland lebende Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen zu fördern und
2. Dringend benötigte ausländische Fachkräfte, die Zuwanderung zu ermöglichen.

Das Gesetz öffnet damit die Türen zur Erwerbstätigkeit und schafft klare Lebensperspektiven für Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen.

Selbst eine Nichtfeststellung der vollen Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation kann ein Startsignal für die Berufskarriere sein. Die vorhandenen Qualifikationen sind dokumentiert und der notwendige Weiterbildungsbedarf wird klar benannt. Eine Analyse auf der sich aufbauen lässt und den Weg zur vollen Anerkennung zeichnet.

Denn eine Anerkennung kann auch die notwendige Voraussetzung für weitere Fördermöglichkeiten, wie Fortbildungen und Weiterqualifikationen im betrieblichen Bereich, sein. Ein – vor dem Hintergrund sich immer schneller verändernder Arbeitswelten – nicht zu unterschätzender Vorteil. Digitalisierung und Arbeitswelt 4.0 sind hier die bekannten Stichworte. Nur mit einer anerkannten Berufsausbildung sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fit für die Veränderungen des 21. Jahrhunderts.

Erfolgreiche Anerkennungsverfahren führen nachweislich auch zu mehr Erfolg am Arbeitsmarkt: Die wissenschaftliche Evaluation des Anerkennungsgesetzes hat deutlich gemacht
- Die Beschäftigungsquote steigt im Vorher-Nachher-Vergleich um über 50%.
- Das Bruttoeinkommen ist nach einem Anerkennungsverfahren um durchschnittlich 40% höher (1.000€ mehr!).

Allein diese beiden Zahlen sind ein eindrucksvoller Beleg für die positive Wirkung des Anerkennungsgesetzes.

Besonders hervorheben möchte ich einen weiteren Aspekt: die Steigerung der Lebenszufriedenheit der Menschen.

Denn bei aller Statistik dürfen wir nicht vergessen: Hinter jeder Anerkennung steckt ein Mensch mit einer eigenen Lebensgeschichte.

Jedes erfolgreiche Anerkennungsverfahren bedeutet die individuelle Anerkennung einer persönlichen Lebensleistung. Es ist schön zu sehen, wie viel Selbstvertrauen die Menschen wiedergewinnen, wenn sie wissen, dass ihre Qualifikation – auch ganz offiziell – genauso viel wert ist wie die von ihren in Deutschland ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen.

Das Anerkennungsgesetz hat aber noch etwas bewirkt: 
Es hat zu einem gesamtgesellschaftlichen Umdenken geführt. Ausländische Qualifikationen werden jetzt als Potenzial wahrgenommen. Viele Menschen blicken mit mehr Respekt und Wertschätzung auf die Qualifikationen und Lebensleistungen von Zugewanderten. 

Die erfahrene Wertschätzung und das neu gewonnene Selbstvertrauen, führen zu einer hohen Motivation der Anerkannten. Davon können die Unternehmensvertreter heute hier sicherlich vielfach berichten.

Auch die Unternehmen profitieren von Menschen mit anerkannten ausländischen Berufsqualifikationen. Sie erhalten umfänglich einsetzbare Mitarbeiter mit voller NACHGEWIESENER beruflicher Befähigung. Das Anerkennungsverfahren setzt Standards, auf die sich alle verlassen können! Dies trägt zur Qualitätssicherung der deutschen Produkte bei und sichert Deutschlands Spitzenposition in der globalen Wirtschaft.

Unsere Wirtschaft ist seit Jahren hervorragend aufgestellt. Auch in diesem Jahr erwarten wir wieder eine Steigerung der Wirtschaftsleistung um 1,9% . Die kontinuierlich rückläufige Arbeitslosenquote bestätigt diesen Trend.

Die Zahlen sind hervorragend, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in unserer Gesellschaft vor einer Zeitenwende stehen. In vielen deutschen Unternehmen werden – insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – bereits heute gut ausgebildete Fachkräfte dringend gesucht.

Wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir uns um die Fachkräfte bemühen, die der Arbeitsmarkt braucht: Und genau hier müssen wir die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen als Chance für Fachkräfte und Integration sehen.

Wichtig ist hierbei natürlich, zuerst die inländischen Potentiale voll auszunutzen und noch besser zu erschließen. Ein besserer Zugang zum ersten Arbeitsmarkt und die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit stehen dabei an erster Stelle. Hierfür werden wir eine Nationale Weiterbildungsstrategie entwickeln, die konkret an den Bedürfnissen der Beschäftigten und der Unternehmen ausgerichtet ist.

All diese Bemühungen werden in Zukunft jedoch nicht ausreichen, den Bedarf an Fachkräften allein aus dem Inland heraus zu decken. 

Ergänzend hierzu brauchen wir auch qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland. Nur mit diesen beiden Elementen – volle Ausschöpfung des inländischen Potentials und ergänzende qualifikationsgerechte Zuwanderung – werden wir die deutsche Wirtschaftskraft erhalten.

Mit dem geplanten Fachkräftezuwanderungsgesetz werden wir hierfür klare, verständliche Regeln für die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte schaffen. Auch in Zukunft soll hierbei das bewährte Anerkennungsverfahren eine zentrale Rolle spielen. Sodass Menschen bestmöglich und entsprechend ihrer erworbenen Fähigkeiten in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden können.
Denn der Arbeitsplatz ist ein zentraler Dreh- und Angelpunkt des Lebens. Hier werden Kontakte geknüpft, Sprachbarrieren abgebaut und das gemeinsame Miteinander erlebt. Es ist der Ausgangspunkt für eine gelingende Integration.

Von dieser Chance haben allein im Jahr 2017 im Rahmen der Bundeszuständigkeit rund 25.000 Menschen profitiert und einen Antrag auf Gleichwertigkeitsprüfung gestellt. Das sind 25.000 Menschen, die sich in unserem Land mit ihrem Fachwissen und ihrem Talent einbringen wollen.

Was mich persönlich freut, ist die stark wachsende Zahl der Neuanträge  im Bereich der Pflegeberufe. Eine Branche, in der wir jede Fachkraft dringend brauchen.

Seit dem Start des Anerkennungsgesetzes des Bundes wurden insgesamt über 111.000 Anträge gestellt.
Das sind 111.000 ergriffene Chancen. Viele von diesen genutzten Chancen sind bereits ihre Kolleginnen oder Kollegen aus dem Nachbarbüro. Oder arbeiten erfolgreich in ihrer Autowerkstatt oder beim Handwerksbetrieb an der Ecke gegenüber.

Die so erfolgversprechenden Anerkennungsverfahren dürfen daher nicht an fehlenden finanziellen Möglichkeiten scheitern. Deshalb fördert das Bundesministerium für Bildung Forschung mit dem Anerkennungszuschuss Menschen mit geringen Einkommen bei der Beschreitung dieses Weges.

Die Unternehmen wiederum werden durch das mit dem DIHK und ZDH gestartete Projekt „Unternehmen Berufsanerkennung“ über die Möglichkeiten der beruflichen Ankerkennung informiert und für die damit verbundenen betrieblichen Chancen sensibilisiert.
Und wie gut das gelungen ist, sehen wir an den Preisträgern des heutigen Abends. Mit dem Unternehmenspreis „Wir für Anerkennung“, der auch über das Projekt „Unternehmen Berufsanerkennung“ organisiert wird, wollen BMBF, ZDH und DIHK gemeinsam die gelebte Praxis und die besten Ideen zur betrieblichen Nutzung der beruflichen Anerkennung würdigen.

Die ausgezeichneten Unternehmen haben mehr geleistet, als nur die Fachkräfte mit ausländischen Berufsqualifikationen im Anerkennungsverfahren zu unterstützen. Sie haben die betrieblichen Chancen und Möglichkeiten der Berufsanerkennung optimal genutzt. Die Betriebe zeigen wie durch vorbildliches Engagement die Integration der ausländischen Fachkräfte gelingen kann.

Sie haben die Anerkennung als einen Gesamtprozess verstanden. Ein Prozess, der zum Teil schon im Heimatland der ausländischen Fachkraft beginnt und mit der Integration sowie der Betreuung im Unternehmen fortgeführt wird.
- Beispielhaft hierfür sind arbeitsmarktspezifische Schulungen oder bilinguale Betreuung über die digitalen Medien bereits im Heimatland der jeweiligen Fachkraft.
- Oder auch hier vor Ort durch weit über den beruflichen Kontext hinausgehende Unterstützung: zum Beispiel bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen, bei der Kitasuche oder der unentgeltlichen Bereitstellung von Sprachkursen.

Alle konkrete Beispiele der herausragenden Arbeit der heute hier ausgezeichneten Unternehmen!

Ob der große programmatische Ansatz oder die menschliche Komponente des Beratens und Unterstützens: Alle Wege führen zum Erfolg, da hier Engagement auf Leistungsfähigkeit trifft. Und das unabhängig von der jeweiligen Unternehmensgröße.

Unser gemeinsames Ziel muss es schließlich sein, dass Jede und Jeder in unserem Land alle individuellen Talente entfalten und eine entsprechende qualifikationsadäquate Arbeit aufnehmen kann.

Das ist der Schlüssel für persönliche Zufriedenheit und ein wichtiger Baustein für die Integration in unsere Gemeinschaft. Qualifizierte Fachkräfte wiederum sind für die Wirtschaftskraft Deutschlands unerlässlich.

Unternehmen, die sich in diesem Prozess besonders verdient gemacht haben, möchten wir deshalb jetzt mit dem Unternehmpreis „Wir für Anerkennung“ auszeichnen.