Überreichung des Förderbescheids KoKo an den Rhein-Erft-Kreis

02.02.2017

Sehr geehrter Herr Landrat Kreuzberg,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich sehr, dass ich heute bei Ihnen im Rhein-Erft-Kreis sein darf.

Es geht um eine wichtige Aufgabe: Die Integration von Neuzugewanderten.

Das Thema Flucht ist weltweit präsenter denn je: Einer von 113 Menschen befindet sich heute auf der Flucht. 65 Millionen sind es weltweit.

Auch Deutschland ist durch die Ereignisse im Nahen Osten damit konfrontiert. Die Integration von Geflüchteten in unser Bildungssystem ist daher eine zentrale Aufgabe für das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Wir haben die ersten Hürden bewältigt: eine Vielzahl an Menschen hat vorerst eine Unterbringung und Versorgung gefunden. Das liegt vor allem an dem unglaublichen Engagement auf lokaler Ebene – in den Kreisen und Gemeinden, vor Ort von einer Vielzahl von Ehrenamtlichen und Initiativen.

Nun beginnt eine zweite Phase.

In dieser Phase ist es elementar wichtig, nach vorne zu schauen und strukturiert zu handeln – denn es warten noch viele weitere Hürden auf uns:
Wie können sprachliche Hindernisse überwunden werden? Sind die Schulen in der Lage auf die Bedarfe der jungen Flüchtlinge einzugehen? Finden die Neuzugewanderte einen Arbeitsplatz? Welche Qualifikationen wird dafür benötigt – finden sie einen Ausbildungsplatz oder ist sogar ein Studium möglich? Und gibt es genügend Betreuungsangebote für die Kinder, damit die Eltern dafür überhaupt Zeit finden?

Bildung und ein strukturiertes Bildungsmanagement ist dafür entscheidend, ob die Integration der Neuzugewanderten gelingt oder nicht.

Wir sehen an der politischen Entwicklung der vergangenen Monaten und, blicken wir beispielsweise nach Übersee, auch der vergangenen Woche, wie polarisierend und aktuell die Thematik ist.

Kritische Stimmen werden lauter, neben „Refugees welcome“ steht vielerorts ein gedachtes oder gesagtes „Schaffen wir das?“. Die Nachrichten aus den USA zeigen, wie unterschiedlich Politik auf eine ver-änderte, globalisierte Welt reagieren kann. Der neue US-Präsident verhängt einen totalen Einreisestopp sämtlicher Bürger aus sieben muslimischen Staaten.

Dabei spielt auch die Angst vor erhöhter Terrorgefahr eine zentrale Rolle. Auch bei uns. Der Anschlag auf dem Breitscheidplatz trägt diese Angst nämlich direkt vor unsere Haustür.

Die Integrationsbeauftragte Özoguz verkündete diese Woche, sie will ein bundesweites Präventions-Netzwerk gegen islamistische Radikalisierung einrichten.

Dabei sagte sie, es gebe bereits viele gute Modellprojekte, aber was fehlt, sei die übergreifende Vernet-zung der einzelnen Maßnahmen.


II) Rolle der Kommunalen Koordinatoren
Und damit kommen wir zum heutigen Thema, nämlich der BMBF-Förderrichtlinie „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte“, auf die der Rhein-Erft-Kreis einen Antrag gestellt hat.

Auch bei Ihnen vor Ort haben sich eine Vielzahl an Initiativen und Projekten zu unterschiedlichsten Themenbereichen der Integration gebildet, die es zu koordinieren gilt.

Von ehrenamtlichen Zusammenschlüssen, Stiftungen, Vereinen, bis hin zu Privatpersonen, die beim Erlernen der deutschen Sprache helfen oder bei Behördengängen unterstützen.

Aber auch die Kommunen haben bereits Vieles geschaffen. Das betrifft Schul- und Jugendämter, Betreuungsangebote in den Kitas, neue Kurse in den Volkshochschulen sowie Beratungsangebote der Jobcenter, um nur einige zu nennen.

In Wirklichkeit gibt es natürlich noch viel mehr Angebote und noch viel mehr Akteure, die in diese um-fangreiche Aufgabe involviert sind. Dabei einen Überblick zu bewahren ist schon schwierig – ganz zu schweigen von der Einbeziehung und dem Management aller externen Akteure, was eigentlich wünschenswert wäre.
Fazit: Es wird Unterstützung benötigt. Und zwar vor Ort in den Kommunen. Denn dort findet die Integration statt.

Aber dafür sind keine Stellen vorgesehen. Durch die eben genannten Anforderungen ist das jetzige Personal bereits voll ausgelastet, es besteht meist kein Spielraum mehr für die Gründung von ämterübergreifenden Steuerungskreisen. Das kostet Zeit und ist nach unserer Auffassung ein Full-time-Job.

Darum ist die Idee der Kommunalen Koordinatoren entstanden. Sie übernehmen genau solche Aufgaben:
- Sie machen sich ein Bild davon, welche Maßnahmen bereits im Rhein-Erft-Kreis vorhanden sind und was in den einzelnen kreisangehörigen Kommunen getan wird.

[Das mag simpel klingen, ist aber eine sehr schwierige Aufgabe für Personen, die neu in die Kreisverwaltung kommen. Vermutlich wird es keine Listen geben, auf denen diese Informationen abzulesen wären. So etwas muss in vielen Gesprächen und Netzwerken erarbeitet werden. Darum hilft es häufig, wenn Sie, oder Dezernatsleitung die Koordinatoren so schnell wie möglich in der gesamten Verwaltung bekannt machen.]
- Wenn es eine erste Übersicht gibt, gilt es diese transparent zu gestalten und daraus auch weitere Bedarfe abzuleiten, die noch nicht gedeckt werden.

Auch hier gibt es wieder Hürden. Beispielsweise existieren in den meisten Kommunen eine Masse an Sprachkursen, aber nur wenige Alphabetisierungsklassen. Liegt das daran, dass keine angeboten werden, oder besteht kein Bedarf? Das könnte durch aufwändige Umfragen herausgefunden werden, aber auch hier sollten eher mit den verschiedenen Bildungsakteuren zusammengearbeitet werden. Die meisten Informationen sind dort vorhanden, sie müssen nur aktiv abgeholt werden.

- Zuletzt geht es bei der Arbeit auch darum Netzwerke und Steuerungskreise für Verwaltung und externe Träger zu bilden, um diese an einen Tisch zu holen und natürlich auch Sie, die Kommunalspitze, in Entscheidungen zu beraten.

III) Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement

Es geht darum, die bereits vorhandenen Angebote zu koordinieren, Transparenz zu schaffen und dabei wei-tere Bedarfe aufzudecken. Dadurch kann effizienter gearbeitet werden, Kolleginnen und Kollegen anderer Ämter werden entlastet und im besten Fall werden nachhaltige Strukturen eines modernen Bildungsmanagements geschaffen, das sich auch auf andere Zielgruppen übertragen lässt.

Die Förderrichtlinie ist nämlich Teil eines größeren Strukturförderprogramms – der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement. Der Name Transferinitiative beschreibt genau, was dort passiert: Es wurde in Pilotkommunen beispielhaft über mehrere Jahre der Aufbau eines sogenannten DKBM, des Datenbasierten Kommunalen Bildungsmanagements, erprobt. Das Ganze wurde evaluiert, eine Wissensdatenbank erstellt und es wurden Transferagenturen gegründet, die die daraus gewonnen Erkenntnisse nun in die Breite tragen.

Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem der Ausbau von Kommunikations- und Kooperationsstrukturen innerhalb der Verwaltungsorganisation und die Einbeziehung von externen Bildungsakteuren eine große Wirkung erzielen können:
Es werden strukturelle Abstimmungsprozesse, verwaltungsintern und verwaltungsextern mit weiteren Bildungsakteuren, geschaffen und für einen effizienteren Mitteleinsatz gesorgt.

Sie sehen: die kommunalen Koordinatoren sind nicht allein, sie gehören in die breite und tragfähige Transferinitiative. Darin arbeiten bundesweit über 160 Kommunen daran, bestmögliche Bildung für die Bürgerinnen und Bürger zu verwirklichen, durch Bildungsmanagement und fundiert auf Fakten. Der Vorteil für die kommunalen Koordinatoren ist: Sie sind Teil eines miteinander agierenden Netzwerks, das den interkommunalen Austausch fördert, best-practice Beispiele in die Breite trägt und aktuelle Informationen bereitstellt. Außerdem werden Workshops und Fortbildungen organisiert, die vor allem in den ersten Monaten eine wichtige Hilfe zur Orientierung bieten.

Zurück zu Ihrem Antrag. Seit Anfang des Jahres 2016 konnten Anträge auf die BMBF-Förderrichtlinie eingereicht werden. Dem sind bundesweit über 320 Kommunen nachgekommen.
Der Rhein-Erft-Kreis hat einen wirklich guten Antrag eingereicht und uns, das BMBF, mit seinen Vorhaben überzeugt.

Beispielsweise sind geplant bestehende Arbeitsgruppen auszubauen und neue Netzwerke zu grün-den. Migrantenorganisationen sollen aktiv in die Arbeit miteinbezogen werden und es wird verstärkt mit den Integrationsbeauftragten der kreisangehörigen Kommunen zusammengearbeitet.

Aus diesen Gründen habe ich jetzt noch einmal das Vergnügen hier öffentlich bekanntzugeben, dass durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung bis Ende des Jahres 2018 zwei Vollzeitstellen gefördert werden.  Hierzu gratuliere ich Ihnen herzlich


IV) Abschluss
Sehr verehrte Damen und Herren,
die Integration der zu uns gekommenen Migrantinnen und Migranten durch Bildung und die Integration in den Arbeitsmarkt stellen Herausforderungen in den unterschiedlichsten Arbeitsbereichen dar.
Um die Neuzugewanderten durch Bildung zu integrie-ren, müssen alle Kräfte in den Kommunen gebündelt werden.

Nötig ist jetzt ein koordiniertes, strategisch aufgestelltes, gemeinsames Handeln aller lokalen Bildungsakteure, dass durch diese Förderung des BMBF ermöglicht wird.

Mir persönlich ist besonders wichtig, dass unser Vorhaben auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist. Das ist hier der Fall: Der Rhein-Erft-Kreis plant, durch gemeinschaftliches Zusammenwirken aller Bildungsakteure vor Ort, ein strukturiertes Bildungsangebot aufzubauen.

Wir befinden uns nicht mehr nur am Anfang, sondern mitten auf dem Weg zu einem strukturierten, über-greifenden und nachhaltigen Bildungsmanagement.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg auf diesem Weg!