Thomas Rachel besucht Demenzstation im St. Josef-Krankenhaus Linnich

31.08.2017

Die Art, Patienten die zusätzlich eine Demenzerkrankung haben, im Linnicher Krankenhaus besonders zu unterstützen und zu begleiten, ist Vorbild

Eine der wichtigsten politischen Entscheidungen war es, so Thomas Rachel, Mitglied des Bundestages und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Deutsche Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen einzurichten. Es forscht außeruniversitär zum Thema Demenz. Dies war aber nur eine Erklärung dafür, warum er sich im St. Josef-Krankenhaus Linnich über die dortige sogenannte Demenzstation informierte. Themen aus dem Bereich Ethik, Würde, medizinische Forschung begleitet er schon lange.
„Das Linnicher Krankenhaus ist Vorbild für ganz Deutschland mit der Art und Weise, wie es Patienten, die zusätzlich an Demenz erkrankt sind, besonders unterstützt und begleitet“, betonte der Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel.

Das St. Josef-Krankenhaus Linnich hat 2009 damit begonnen, Patienten mit Nebendiagnose Demenz besonders zu betreuen. Die Betroffenen werden im Linnicher Krankenhaus wegen einer internistischen oder chirurgischen Erkrankung behandelt. Ein zusätzlicher Schwerpunkt liegt dann darauf, dass sich die vorhandene Demenz durch die ungewohnte Umgebung und Behandlung nicht verschlechtert. „Wir möchten die Patienten besser behandeln, sie nicht fixieren und sedieren“, fasst Dr. Gerhard Mertes, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin, zusammen, wie es dazu kam, eine Station auf die besonderen Bedürfnisse der dementen Patienten einzurichten.
Ein großes Anliegen war den Beteiligten des Linnicher Krankenhauses deshalb, darauf hinzuweisen, dass diese Pflegeleistung nicht finanziert wird. „Die Mitarbeiter auf der Demenzstation sind mit dem Herzen dabei. Das geht auch gar nicht anders“, erklärt Marlies Jansen, stellvertretende Pflegedirektorin. Doch ein solches Engagement wird auch Grenzen haben. Es müsse in Zukunft einen Schlüssel für den zusätzlichen Aufwand geben, waren sich alle Beteiligten einig. „Jedes Krankenhaus soll demenzfreundlich werden“, wünschte sich Jansen. Aber dies wird nur möglich sein, wenn die Leistungen auch finanziell abgebildet werden können, waren sich alle sicher. Dazu gehören auch Prävention und Verhinderung von Folgekrankheiten.

Frau Dr. med. Grit Böckler, Oberärztin Innere Medizin, brachte das Beispiel Delir: Ältere und besonders auch kognitiv eingeschränkte Menschen sind gefährdet, daran zu erkranken. Es ist gekennzeichnet durch ein gestörtes Bewusstsein oder eine gestörte Wahrnehmung, Desorientierung und Schlafstörungen. Es äußert sich entweder durch unruhiges, auch aggressives Verhalten oder durch passives bis hin zu apathischem. Der Stress während eines Krankenhausaufenthaltes spielt unter anderem bei der Entstehung eine große Rolle. Eine wichtige Aufgabe in Krankenhaus ist es, das Delir zu vermeiden, was einen erhöhten Betreuungsaufwand nötig macht. Auf der Demenzstation wird dieser nicht bezahlt, wohingegen ein vorhandenes Delir zu behandeln, abgerechnet werden kann. „Hier ist politische Unterstützung notwendig“, betont Dipl.-Kfm. Bernd Koch, Geschäftsführer der Caritas Trägergesellschaft West.

Hintergrund
Die Zahl der Demenzerkrankten steigt seit Jahren, zurzeit wird von 1,6 Millionen Betroffenen ausgegangen. Häufig geht mit der Demenz herausforderndes Verhalten einher. Der Pflegeaufwand auf der Demenzstation im St. Josef-Krankenhaus Linnich im ist höher als auf einer Normalstation. Die Patienten sollen so viel, wie (noch) möglich ist, selbst machen, weshalb die Unterstützung durch die Pflegekräfte zeitintensiver ist. Alle nicht bettlägerigen Patienten nehmen ihre Mahlzeiten im Aufenthaltsraum ein, wo auch Beschäftigung wie spielen, singen und Zeitung lesen stattfinden. Zusätzlich zu individuellen physiotherapeutischen Maßnahmen findet einmal in der Woche eine Bewegungstherapie statt. Die Beschäftigung nimmt den Patienten die Angst, sie fühlen sich wohler. Ein Alarmsystem auf der Station sorgt dafür, dass die Patienten mit Bewegungsdrang sich auf der Station frei bewegen können. Verlassen sie diese, ertönt ein Alarm und die Pflegekräfte holen sie wieder auf die Station zurück. Für bettlägerige Patienten steht ein Snoezelen-Wagen zur Verfügung: Geräusche, Lichteffekte, verschiedene Materialen regen die Sinne an, eine Handmassage erfolgt mit Aromaölen.
Krankenschwestern wurden im Linnicher Krankenhaus zu Demenzexperten und Schwesternhelferinnen zu Betreuungsfachkräften nach § 87 b Sozialgesetzbuch XI ausgebildet. Das Team sammelt so viele biografische Informationen über den Patienten wie möglich. Dabei unterstützen die Angehörigen und Pflegeeinrichtungen sie.
Die Zimmer auf der Demenzstation sind mit warmen Farbtönen und vielen verschiedenen Einrichtungsgegenständen für eine wohnliche Atmosphäre gestaltet. Die Zimmertüren sind mit selbst gemalten Bildern gekennzeichnet, die die Patienten leichter wiedererkennen als eine Zimmernummer. Jeder Patient erhält zum Eigenschutz ein Elektrobett mit besonders niedrigem Einstieg. Für Angehörige, die den Patienten während des Aufenthaltes begleiten möchten, gibt es das sogenannte „Rooming-in“.