Startsitzung des Netzwerkes "RecyKon - Rohstoffrückgewinnung und Produktkontrolle"

09.03.2018

Ein Innovationsnetzwerk für Rohstoff-Recycling in der Aachen-Dürener Region habe ich gemeinsam mit dem Bürgermeister der Kupferstadt Stolberg, Tim Grüttemeier, gestartet. Aus Reststoffen wie Elektronikschrott, Bauschutt, Abwässern, Klärschlämmen und Schlacken können wertvolle Rohstoffe wieder gewonnen werden. Ein innovatives Projekt mit Filter-Fasern zur Rückgewinnung von Edelmetallen aus Abwässern der Leiterplattenindustrie fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung z.B. beim Dürener Unternehmen Heimbach Filtration AB. Mit neuen Ideen gilt es eine Kreislaufwirtschaft zu entwickeln.

Lesen Sie hier meine Rede zur Auftaktveranstaltung des Netzwerkes "RecyKon"

Rohstoffe sind in unserem Leben allgegenwärtig. Sie sind die Teil der DNA des technologischen Fortschritts.

Aber Rohstoffe sind endlich. Der jährliche Rohstoffkonsum in Deutschland ist mit 15 Tonnen pro Kopf doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt.

Die Ressourcenfrage ist eine der entscheidenden Zukunftsfragen. Wenn wir Ressourcen weiterhin in demselben Tempo  wie bisher verbrauchen, benötigen wir bis 2050 insgesamt das Äquivalent von mehr als zwei Planeten.  Das sagen Prognosen voraus.

Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir hier gegensteuern. Dazu brauchen wir langfristig Lösungen für das globale Ressourcenproblem. Gleichzeitig müssen wir gewährleisten, dass wir in Deutschland auch weiterhin so mit Rohstoffen versorgt sind, dass industrielle Produktion „Made in Germany“ möglich bleibt.

Wir müssen heute aktiv werden, damit wir die Lebensqualität und Wirtschaftsstärke von morgen sichern. Denn die deutsche Wirtschaft verarbeitet jährlich etwa 1,2 Milliarden Tonnen Rohstoffe, insbesondere Minerale und Metalle sowie Energierohstoffe. Die Rohstoffentnahmen bei der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen verursachen im In- und Ausland steigende Kosten und führen zum Teil zu gravierenden Umweltbelastungen.

Insbesondere auch der Megatrend der Digitalisierung wird sich dem Bereich der Ressourcen nicht entziehen können. Die Digitalisierung der industriellen Wertschöpfungskette wird in mehrfacher Hinsicht nachhaltige Auswirkungen auf den Rohstoffbedarf der deutschen Industrie haben.

Einerseits werden für die Digitalisierung neue Technologien und Produkte mit völlig neuer Rohstoffzusammensetzung und hohem Marktanteil gebraucht. Das hat beispielsweise zu einem drastischen Anstieg der Nachfrage nach bestimmten wirtschaftsstrategischen Rohstoffen geführt – sei es Indium für Flachbildschirme, Germanium für Glasfaserkabel oder Lithium für Akkus. Andererseits erwachsen aus der Digitalisierung aber auch erhebliche Chancen für mehr Rohstoffeffizienz und Rohstoffkreisläufe. Diese Chancen müssen wir nutzen!

Um Wege zu finden, um diese Chancen zu nutzen und Lösungen für die Herausforderungen zu finden, kann Forschung einen entscheidenden Beitrag leisten. Bei vielen Rohstoffen, insbesondere Metallen, sind wir überwiegend auf Importe angewiesen. Die Rückgewinnung von Rohstoffen trägt somit auch zur Versorgungssicherheit des Wirtschaftsstandorts Deutschland bei.

Und: Die Steigerung der Ressourceneffizienz und Rohstoffrückgewinnung durch  Innovation in Unternehmen trägt zur Senkung von Materialkosten bei. Das schafft Wettbewerbsvorteile und sichert Arbeitsplätze in Deutschland.

Der Frage, welchen Beitrag die Forschung konkret leisten kann, hat sich das BMBF in den letzten Jahren gezielt angenommen.

Wir müssen es schaffen, das Wirtschaftswachstum vom Rohstoffverbrauch stärker zu entkoppeln und die für die Hightech-Industrie unverzichtbaren Rohstoffe sicher
und nachhaltig bereitzustellen. Unser Ziel muss sein, mehr Wertschöpfung mit weniger Rohstoffen und eine intelligente Nutzung und Wiedergewinnung der eingesetzten Rohstoffe zu erreichen. Und dabei sind Wissenschaft und Forschung und die Innovationskraft unserer Unternehmen die zentralen Antriebsfedern.

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass wir hier Fortschritte machen. Mit den Maßnahmen der Bundesregierung im Rahmen des Deutschen Ressourceneffizienzprogramms (ProgRess II) sowie dem Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA³) investieren wir viel, um die Sicherung der Rohstoffversorgung voranzutreiben.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt mit dem Programm „Wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Hightech-Standort Deutschland“ bis zu 200 Millionen Euro aus seinem Rahmenprogramm FONA³ bereit.

Der Erfolg hängt auch vom Grad der Kooperation und Vernetzung aller Beteiligten ab. Wir brauchen vor allem die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Unternehmen, um Fortschritte zu machen. Es ist daher in unser aller Sinne, dass sich viele Unternehmen aktiv in den Forschungsverbünden engagieren und erhebliche Eigenmittel mit einbringen.
Forschung muss lernen, noch besser die Bedarfe von Unternehmen aufzugreifen. Wichtig ist, dass wir keine Forschung im Elfenbeinturm betreiben. Wir wollen Wirtschaft und Unternehmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt in die Forschung mit einbeziehen.

Für innovative Unternehmen bieten insbesondere unsere Fördermaßnahmen „KMU-innovativ: Ressourceneffizienz und Klimaschutz“ und „r+Impuls – Impulse für industrielle Ressourceneffizienz“ aktuell Möglichkeiten, Projektskizzen für FuE-Projekte einzureichen.

Mit dem Forschungskonzept „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ setzen wir einen neuen Schwerpunkt, in dem wir über das Recycling von Reststoffen hinaus denken und den gesamten Produktlebensweg in den Blick nehmen. Produkte, ihre Komponenten und die darin enthaltenen Rohstoffe sollen möglichst lange im Wirtschaftskreislauf gehalten werden, um Abfälle und Rohstoffentnahmen zu minimieren. Die aktuelle Bekanntmachung „Innovative Produktkreisläufe“ ist offen für Projektskizzen bis zum 26.04.2018. Der Fokus liegt auf neuen Geschäftsmodellen für die Kreislaufführung von Produkten, Potenziale durch Digitalisierung und Ansätze für ein kreislaufgerechtes Produktdesign.
Weitere Bekanntmachungen zur „Ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft“ werden folgen.

Die aktuellen Herausforderungen der Rohstoffrückgewinnung unterscheiden sich für die verschiedenen Stoffströme. Dabei geht es um die Entwicklung effizienter Technologien, insbesondere für rohstoffintensive Produktionsprozesse, beispielsweise in der Metallverarbeitung, Chemischen Industrie und Baustoffproduktion.

Aus den vielen vom BMBF geförderten Forschungsprojekten zu diesem Thema möchte ich beispielhaft zwei nennen, da sie auch einen Bezug zu unserer Region haben:

Im Verbundvorhaben „Edelmetalladsorber - Rückgewinnung von Edelmetallen aus Reststoffströmen der metallverarbeitenden Industrie mit Hilfe von faserfixierten Adsorbern“ werden speziell ausgerüstete Textilien entwickelt, um Edelmetalle wie z.B. Palladium, Platin und Gold aus den Abwässern der Leiterplattenindustrie zurückzugewinnen. Unter Federführung der Heimbach Filtration GmbH mit Sitz in Düren wird die Technologie im industriellen Maßstab umgesetzt. Das Projekt wurde erst kürzlich mit dem Effizienzpreis NRW 2018 ausgezeichnet.

Das Verbundvorhaben „PLUS -  Pilotanlage zur lasergestützten Sortierung von Sonderlegierungen“ entwickelt ein Verfahren zur Sortierung gemischter Metallschrotte mittels Lasertechnik (Beteiligung des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT in Aachen) und setzt dieses in einer Pilotanlage bei der Fa. CRONIMET (Karlsruhe) um. Damit werden wertvolle Legierungselemente wie Wolfram, Kobalt oder Titan in Edelstählen erkannt und einem sortenreinen Recycling zugeführt.

Diese zwei Beispiele zeigen, dass unsere Region Aachen/Düren als Innovationsstandort im Bereich des Recyclings sehr gut aufgestellt ist.

Diese großen Potenziale unserer Region nutzen Sie auch mit dem Netzwerk RecyKon, das wir heute starten.

Das von Ihnen ins Leben gerufene Netzwerk zielt auf die Verwertung von Rohstoffen in möglichst vielen Segmenten des Rohstoffkreislaufs. Aus Reststoffen wie z. B. Elektronikschrott, Bauschutt, Abwässern, Klärschlämmen und Schlacken möchten Sie die wertvollen Rohstoffe (wieder)gewinnen.

Im Netzwerk bringen Sie Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Region zusammen. Gemeinsam gehen Sie neue innovative Projekte zur Rohstoffgewinnung und zur Herstellung von Produkten aus diesen wiedergewonnenen Rohstoffen an.

Durch die gemeinsame Herangehensweise der Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft werden die Herausforderungen aus verschiedenen Blickwinkeln in Betracht genommen. Das ist der Garant für Synergien aus Forschung und Praxis, die letzten Endes zu hochinnovativen und praxistauglichen Lösungen führen können. Durch das Netzwerk werden diese Partnerschaften von der Idee bis zu Vermarkung professionell begleitet. Die Bundesregierung (BMWi) stellt der Netzwerkkoordination (EurA AG aus Ellwangen) dafür 160.000 Euro zur Verfügung.

Führende Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus der Region sind bereits eingebunden. Das ist eine gute Basis, um weitere Akteure zu aktivieren, ein Umdenken in Gang zu bringen, die guten Ideen weiter zu entwickeln und Vertrauen und Akzeptanz in recycelte Produkte zu schaffen.

Es gibt große Potenziale in der Region, Wir freuen uns auf gute FuE-Projektideen aus Ihrem Netzwerk. Das BMBF bietet eine Reihe von Fördermaßnahmen, um diese Ideen im Wettbewerb einzubringen und zu verwirklichen.

Dafür wünsche ich viel Erfolg!