Future Medicine Science Match 2019

07.11.2019

Lesen Sie hier meine Rede anlässlich der Veranstaltung Future Medicine Science Match 2019 in Berlin:

Sehr geehrte Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Gebhardt,
sehr geehrter Herr Turner,
sehr geehrter Herr Professor Pries,
sehr geehrte Frau Professorin Eggert,
sehr geehrter Herr Professor von Kalle,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich, auf dieser – wie der Titel bereits zum Ausdruck bringt – zukunftsweisenden Veranstaltung „Future Medicine Science Match 2019“ das Grußwort sprechen zu dürfen. Die Veranstaltungsreihe findet nunmehr zum vierten Mal statt. Ihr besonderes Format, das sich durch 3-minütige Kurzvorträge auszeichnet, ist in den vergangenen Jahren zu einem Erfolgsschlager geworden, wie man auch an der regen Teilnahme heute Morgen sehen kann. Anfangs war die Wahl dieses innovativen Formats sicherlich eine mutige. Es erforderte Mut, ein neues innovatives Format zu wählen, von dem die Vortragenden erst überzeugt werden mussten. Hierzu möchte ich die Veranstalter Tagesspiegel und das Berliner Institut für Gesundheitsforschung sehr herzlich beglückwünschen. Ihr Mut hat sich bereits jetzt ausgezahlt.

Das Veranstaltungsformat bedeutet aber auch für die Referentinnen und Referenten Mut: Mut sich den zeitlichen Restriktionen auszusetzen, und in ihren Vorträgen die Quintessenz ihrer Erkenntnisse herauszufiltern, sozusagen auf die Spitze zu treiben. Und Mut, diese Erkenntnisse mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu diskutieren. Dies gilt umso mehr, schaut man sich die gewählten innovativen Themenschwerpunkte an: Single Cells in Translational Research, Smart Data and Translational Medicine und Translational Cancer Research.

Schließlich beweisen auch alle Zuhörenden Mut: Mut, sich auf Innovationen und neue Erkenntnisse in der Gesundheitsforschung einzulassen, offen zu diskutieren, Themen neu zu beleuchten und miteinander zu verknüpfen.

Mut zur Innovation ist auch die Grundvoraussetzung für die Arbeit des Bundesministeriums für Bildung und Forschung: Am BMBF fördern und unterstützen wir Innovationen, auch wenn der Ausgang der Forschung noch nicht absehbar ist. Wir investieren damit in die Gesundheitsforschung von morgen! Wir machen Innovationen möglich!

Ein anschauliches Beispiel ist hierbei die Agentur für Sprunginnovation. Mit ihrer Hilfe will das BMBF zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Durchbruch hochinnovativer Ideen in den Markt unterstützen und beschleunigen. Die Risikobereitschaft der Agentur spielt dabei eine besondere Rolle.

Genauso beweist das BMBF aber auch in der Gesundheitsforschung Mut. Dies gilt im besonderen Maße für die Förderung unseres Veranstalters, des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung, des BIH:
Bereits bei der Entstehung des BIH haben die Beteiligten Mut bewiesen: Denn das BIH verfolgt seit seiner Entstehung einen besonderen inhaltlichen Ansatz der Translation und Systemmedizin. Durch die strukturelle Verbindung von Charité und Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin verknüpft es Grundlagenforschung und Klinik miteinander wie keine andere Gesundheitsforschungseinrichtung. Das BIH stand damit von Anfang an für einen Kulturwandel in der Translation.

Aber auch in der Weiterentwicklung des BIH hat das BMBF Mut bewiesen:
- Mut, die Entscheidung, die etablierten Strukturen des BIH zu hinterfragen und gemeinsam mit unmittelbar Beteiligten und externen Expertinnen und Experten zu überdenken.
- Mut, im BMBF die Idee zu entwickeln, das BIH in die Charité zu integrieren unter dem Leitgedanken einer wissenschaftlichen Integration bei wirtschaftlicher Autonomie gegenüber der Charité. Diese Idee haben wir zusammen mit dem Land Berlin weiterentwickelt und vereinbart, gemeinsam unser finanzielles Engagement in Höhe von 70 Millionen Euro vom Bund und 7 Millionen Euro vom Land Berlin weiter fortzusetzen.
- Wir hatten den Mut, für die Umsetzung des BIG 2.0 den Art. 91b Grundgesetz anzuwenden und alle Bundesländer von der neuen Struktur des BIH zu überzeugen.
- Schließlich braucht es auch Mut, vor der besonderen Sichtbarkeit des BIH nicht zurückzuschrecken, sondern das BIH als Chance zu begreifen, translationale Forschung möglich zu machen und auf eine neue Stufe zu stellen. Das BIH steht dabei für den Gesundheitsstandort Berlin, aber auch für die translationale Forschung deutschlandweit.

Die Vorteile des neuen BIH für die translationale Forschung liegen auf der Hand: Durch die wissenschaftliche Integration in die Charité werden für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und forschende Klinikerinnen und Kliniker die Möglichkeiten verbessert, Grundlagenforschung und Klinik eng und reibungslos miteinander zu verzahnen und disziplinübergreifend zusammenwirken. Die Translationsforschung kann hierdurch weiter intensiviert werden. Das BIG soll mit dieser besonderen Struktur als translationale Forschungseinrichtung in der Charité neue Maßstäbe setzen.

Im Zuge der Neuausrichtung bauen BIH und Charité gemeinsam auf ein translationales Ökosystem auf, das weltweit Beachtung findet und zwar wegen:
Erstens der kritischen Masse an Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten und Forschenden, auf die das BIH dank des Universitätsklinikums aufsetzen kann.
Und zweitens der umfassenden, aufeinander abgestimmten cutting-edge Strukturen auf Spitzenniveau und an einem Ort, dem Gesundheitsstandort Berlin, der es den beteiligten Akteurinnen und Akteuren ermöglicht, ihre Expertise in optimaler Weise einzusetzen.
Dieses Umfeld erlaubt eine kontinuierliche Anpassung und Optimierung von Ideen und Lösungen in einem iterativen „bench to bedside“ und „bedside to bench“ Prozess.

Das BMBF fördert diese Strategie des BIH.
Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt dabei im besonderen Maße die Einzelzelltechnologie, die auch Thema dieser Veranstaltung ist:

Im neuen Fokusbereich Einzelzelltechnologie begründet das BIH zusammen mit dem Berlin Institut für Medical Systems Biology (BIMSB) des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) unter der Leitung von Professor Rajewsky eine gemeinsam getragene, enge interdisziplinäre Kooperation, in welcher BIH und Charité kliniknahe Experten und das MDC mit dem BIMSB technologisch und wissenschaftliche Expertise auf dem Gebiet der Einzelzellbiologie und Genregulation einbringen.
Die Umsetzung stützt sich auf zwei Säulen:
Einerseits die Etablierung von Nachwuchsgruppen von BIH, MDC/BIMSB und Charité, welche Einzelzellexpertise in die klinische Anwendung bringen. Hierdurch wird die international führende Position des BIMSB in der Entwicklung von Einzelzelltechnologien mit dem klinisch-translationalen Potential von BIH/Charité optimal miteinander verknüpft.

Zweite Säule ist der Aufbau einer „Clinical Single Cell Sequencing“ Pipeline, welche ein zentrales Bioportal zur Probengewinnung, -charakterisierung und –verarbeitung beinhaltet. Sie wird durch integrierte Genomik- und Bioinformatik-Services für die teilnehmenden Kliniken unterstützt.
Das BMBF unterstützt diesen Fokus, der es ermöglicht, die hoch-innovativen Einzelzell-Technologien für eine effektive Translation klinisch nutzbar zu machen.

Ein weiteres Thema dieser Veranstaltung ist „Smart Data and Translational Medicine“, das auch am BIH eine zentrale Rolle spielt:
Die Digitalisierung verändert die Forschung und das Gesundheitswesen. Die „Health Data Platform“ des BIH führt beispielsweise die Daten aus unterschiedlichen Quellen wie Klinik und Labor zusammen und stellt diese für neuartige Analysen für die Entwicklung von Vorhersagen, Wirkprinzipien und Wechselwirkungen zur Verfügung. Die „Health Data Platform“ stellt damit eine wichtige Querverbindung im translationalen Ökosystem dar und ist ein zentrales Instrument, um das Potential von Big Data in der Medizin zu realisieren.
Näheres zur Tätigkeit des BIH im Bereich der Einzelzelltechnologie und der „Health Data Platform“ werden Sie sicherlich im Laufe der heutigen Veranstaltung erfahren.

Auch die Bundesregierung hat für diese Legislaturperiode mit der Digitalisierung einen besonderen Schwerpunkt gesetzt. Das Zusammentragen und digitale Aufbereiten von Gesundheitsdaten sowie die gemeinsame Nutzung dieses Informationsschatzes ist eine der größten aktuellen Herausforderungen für die Gesundheitsforschung. Sie ist aber auch eine ihrer größten Chancen.

Essentiell ist aus unserer Sicht, dass wir jetzt und im Weiteren gemeinsam die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen ein breiter und ungehinderter Datenaustausch zwischen Versorgung und Forschung möglich wird. Allein in Deutschland werden rund 90 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger in einem relativ regulierten und standardisierten GKV-System behandelt. Eine fast ideale Ausgangssituation für eine umfängliche Digitalisierung vorhandener, relevanter Gesundheitsdaten.

Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz werden wichtige Schritte für die weitere Digitalisierung im Gesundheitsbereich unternommen. Die Forschung wird dabei einen substantiellen Beitrag leisten.

Mit der Medizininformatik-Initiative (MII) des BMBF werden Vernetzung und Datenaustausch zwischen Forschung und Versorgung vorangetrieben. Inzwischen wirken alle deutschen Uniklinika an dieser Initiative mit. Hier werden Datenintegrationszentren aufgebaut und gemeinsame Standards für den Datenaustausch entwickelt. Gemeinsam mit Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Vertretern von Krankenkassen und Patientenvertretern, Datenschützern und vielen anderen Stakeholdern arbeiten sie an diesem großen Programm zum Datenaustausch im Gesundheitsbereich.

Auch das Thema „Translational Cancer Research“ ist für das BMBF von besonderer Bedeutung. Jährlich erkranken 500.000 Menschen in Deutschland neu an Krebs. Ein Drittel aller Krebsfälle wäre vermeidbar – durch Vorsorge und eine andere Lebensweise. Dieses Potenzial für die Gesundheit der Menschen wollen wir heben. Zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und weiteren Partnern haben wir daher im Januar dieses Jahres die Nationale Dekade gegen Krebs ausgerufen. Ziel der nächsten zehn Jahre ist es, möglichst viele Krebserkrankungen zu verhindern und Krebspatientinnen und –patienten ein besseres Leben zu ermöglichen. Das BMBF, das in den vergangenen zehn Jahren mehr als 2,2 Milliarden Euro in die Krebsforschung investiert hat, wird sein Engagement nun noch einmal verstärken: Mit der Nationalen Dekade gegen Krebs machen wir ein enges Netzwerk aller Stakeholder bestehend aus Forschenden, Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften, Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen sowie den Patientenverbänden und der Gesundheitswirtschaft möglich. Wir bündeln für die kommenden zehn Jahre die Kräfte vieler relevanter Akteure Deutschlands im Kampf gegen den Krebs.

Ein Schwerpunktthema ist auch hier die translationale Krebsforschung: Wie können Versorgung und Forschung besser und schneller voneinander lernen? Genau diese Frage wird auch auf der heutigen Veranstaltung gestellt werden.

Behandlungsmethoden können nur sinnvoll weiterentwickelt werden, wenn die Forschung von der Versorgung lernen kann. Es bedarf also nicht nur des Transfers von neuesten Forschungsergebnissen aus den Universitätskliniken und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, aus den Pharma- und Biotech-Unternehmen in die breite stationäre und niedergelassene Behandlung, sondern es müssen auch Daten über die Behandlungsverläufe aus den Praxen wieder zu den Forschungsgruppen fließen können. Es ist grundlegend, dass die Patientenperspektive einbezogen wird – und das auf Augenhöhe.

Die Forschung braucht aber nicht nur den Input von Patientinnen und Patienten und den Angehörigen, sondern auch von den Ärztinnen und Ärzten und dem Pflegepersonal. Denn diese setzen die Forschungsergebnisse um.

In der Dekade werden wir auch die Forschungsinfrastruktur ausbauen. Wir wollen auch hier einen translationalen Ansatz verfolgen: In Heidelberg und Dresden gibt es Standorte des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT), d.h. Kooperationen zwischen dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und exzellenten Standorten der Universitätsmedizin. In diesen sind die onkologische Spitzenforschung und die Behandlung von Krebserkrankten unter einem Dach. Nach diesem Vorbild wird das BMBF vier weitere NCT-Standorte fördern. Dadurch schaffen wir wichtige Voraussetzungen, damit weitere Forschungsergebnisse generiert werden und diese auch wieder schneller in die klinische Anwendung kommen.

Als Vorsitzender des Strategiekreises der Nationalen Dekade, den ich zusammen mit Professor Michael Baumann, Wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ leite, freue ich mich daher ganz besonders, dass das Thema „Translational Cancer Research“ für diese Veranstaltung gewählt wurde.


Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich bin sehr gespannt auf den Output, der im Rahmen der heutigen Veranstaltung erarbeitet wird. Beteiligen Sie sich! Unterstützen Sie neue innovative Ideen!
Seien Sie mutig!
Dann kann die Veranstaltung ein großer Erfolg werden!
Ich wünsche allen Beteiligten in diesem Sinne gutes Gelingen!

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