Festakt zur Verschmelzung von BLBS und VLW zum Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung

12.04.2018

Sehr geehrte Damen und Herren!

„Ein großer Teil des Fortschreitens besteht darin, dass wir fortschreiten wollen.“ Diese Einsicht von Seneca ist heute so gültig wie in der Antike: Es braucht den Willen zum Fortschritt, dann kommt man voran! Sie, meine Damen und Herren, haben sich dafür entschieden, gemeinsam in die Zukunft zu schreiten. „Gemeinsam stärker – Berufsbildung gestalten“, so haben Sie Ihren Verschmelzungskongress überschrieben. Aus zwei wichtigen Bundesverbänden in der beruflichen Bildung, dem BLBS und dem VLW geht ein neuer hervor: Der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB) wird die Kräfte bündeln, den Auftritt stärken und die Sichtbarkeit erhöhen. Die Bundesregierung freut sich auf die Zusammenarbeit mit dem BvLB als starkem Partner in der beruflichen Bildung!

Und starke Partner für eine zukunftsorientierte berufliche Bildung, die jungen Menschen auch in der Arbeitswelt von morgen gute Karriereperspektiven eröffnet und den Fachkräftenachwuchs für unsere Unternehmen sichert, die brauchen wir! Deshalb rufe ich Ihnen, auch im Namen von Bundesministerin Karliczek, deren herzliche Grüße ich Ihnen überbringen darf, zu: Im Bundesministerium für Bildung und Forschung werden Sie beim Einsatz für die berufliche Bildung stets auf offene Türen und Ohren stoßen.

Denn nur gemeinsam können wir junge Menschen für die Ausbildung gewinnen. Wir müssen ihnen eine attraktive Alternative zur Hochschulausbildung anbieten. Berufliche und akademische Bildung sind verschiedenartig, aber gleichwertig – das müssen wir immer wieder verdeutlichen. Eine berufliche Bildung ist ein starkes Fundament für einen guten Start in ein erfolgreiches Berufsleben. Sie bietet vielfältige Berufsbilder und Entwicklungsmöglichkeiten sowie einen großen Schutz vor Arbeitslosigkeit – das zeigt nicht zuletzt die in Deutschland niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa.

Wie können wir junge Menschen konkret für eine Ausbildung begeistern? Wir brauchen Ausbildungsangebote,
• die erstens eine gute Perspektive auf eine Integration in den Arbeitsmarkt bieten,
• die sich zweitens an die Arbeitswelten der Zukunft anpassen
• und die drittens vielfältige Möglichkeiten eröffnen, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Diesen Anspruch zu realisieren, ist unser Ziel in dieser Legislaturperiode. Dies können wir jedoch nicht allein schaffen. Dafür braucht es den Einsatz aller – und ganz besonders Sie, die Lehrkräfte in der Berufsbildung.

Gemeinsam können wir für eine attraktive Berufsausbildung werben. Ihre Kontakte zu Ausbildungsbetrieben und Ihre Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden sind wichtig, um Ausbildungsbetriebe zu gewinnen – das gilt gerade für kleine und mittlere Unternehmen. Durch Ihre persönliche Ansprache von potenziellen Ausbildungsbetrieben und Ihre Information über die vielfältigen Berufsbildungsangebote werden stetig neue Ausbildungsplätze sowie Jugendliche für Ausbildung gewonnen.

Das Bundesbildungsministerium wirbt ebenfalls für die berufliche Bildung: Mit unserer Informationskampagne Berufliche Bildung an allgemeinbildenden Schulen oder der Initiative zur Gewinnung von Studienabbrechern beschreiten wir zusätzliche Wege. Ab kommenden Montag ruft der Bundespräsident zudem unter dem Motto „Du bildest Zukunft!“ die Woche der Berufsbildung aus. Im Rahmen vielfältiger Aktionen wollen er und seine Frau auf den besonderen Wert der Berufsbildung für unser Land aufmerksam machen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: die Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung verbessern sich. Auch Bundesministerin Karliczek liegt die berufliche Bildung besonders am Herzen. Und sie kennt sie aus eigenem Erleben: Sie hat selbst zwei Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen und später im eigenen Betrieb junge Menschen ausgebildet. Die berufliche Bildung aufzuwerten, ist ihr ein großes Anliegen.

Mit Blick auf die aktuell erfreuliche Lage auf dem Ausbildungsmarkt könnten kritische Stimmen nun fragen: Warum all diese Anstrengungen? Den ausbildungssuchenden Jugendlichen steht derzeit eine Vielzahl von Ausbildungsplätzen gegenüber und die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsplätze steigt wieder an.

Dem halte ich den Ihnen bekannten Spruch von Laozi in abgewandelter Form entgegen „Eine zukunftsorientierte Berufsbildungspolitik ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück.“

Und wir stehen in der beruflichen Bildung vor Herausforderungen, die wir in dieser Legislaturperiode meistern wollen. Nur einige ausgewählte möchte ich nennen:
• Die aktuellen Prognosen zum Fachkräftemangel in ausgewählten Ausbildungsberufen wie zum Beispiel den Gesundheits- oder den Bauberufen.
• Die Anzahl von Jugendlichen im Übergangsbereich.
• Die Veränderungen in einer sich wandelnden Arbeitswelt.
Zu den Herausforderungen zählt auch die Digitalisierung. Sie begegnet uns zwischenzeitlich in allen Lebensbereichen: Sei es, dass wir mithilfe von Smart Home-Anwendungen aus dem Urlaub das Licht und die Musikanlage zu Hause steuern. Oder dass wir beim Bus- und Bahnfahren keinen Fahrschein mehr vorab lösen müssen.

Aber nicht nur im Privaten begegnen uns digitalisierte Prozesse; auch die Arbeitswelt wird immer digitaler. Die besondere Herausforderung dabei sind die immer kürzeren Innovationszyklen für neue Technologien. Eine Arbeitswelt im Wandel verändert die Anforderungen an Fachkräfte und damit ihre Berufe. Die Ausbildung muss also auf die Lebens- und Arbeitswelt von Übermorgen vorbereiten! Mit dem Wissenschaftsjahr 2018 „Arbeitswelten der Zukunft“ lenkt das BMBF den Blick auf die Chancen und Herausforderungen der Arbeit von morgen.

Das Bundesbildungsministerium möchte die digitale Transformation des Bildungssystems vorantreiben. Dafür haben wir mit der Strategie „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft“ einen systematischen Handlungsrahmen vorgelegt. Die Initiative Berufsbildung 4.0 agiert in diesem Rahmen auf unterschiedlichen Ebenen:
• Gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung analysieren wir die Auswirkungen der Digitalisierung auf Qualifikationsanforderungen anhand ausgewählter Berufsbilder, um entsprechende Handlungsempfehlungen für die Ordnungsarbeit, aber auch die Weiterbildung der Ausbilderinnen und Ausbilder, abzuleiten.
• Um eine hochwertige und moderne Ausbildung zu gewährleisten, haben wir das Sonderprogramm für die Digitalisierung in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten und Kompetenzzentren aufgelegt. Gefördert wird die digitale Ausstattung sowie Pilotprojekte zur Anpassung von Lehr-/Lernprozessen. Entsprechende Anschaffungen – von beispielsweise Drohnen, 3D-Druckern oder Industrierobotern. Wir investieren hierfür rund 30 Millionen Euro im Jahr.
• Mit dem Programm Digitale Medien in der Beruflichen Bildung erschließen wir neue, digital gestützte Bildungslösungen, um den Anforderungen an Qualifikationen und Kompetenz für das Lernen und Arbeiten in der digitalen Gesellschaft gerecht zu werden. Dafür stellen wir bis nächstes Jahr insgesamt mehr als 150 Millionen Euro zur Verfügung.
Für den Transfer der Projekte in die Praxis haben wir die bundesweite Roadshow „Digitale Medien im Ausbildungsalltag“ entwickelt. Sie zeigt bundesweit konkrete Beispiele, welche innovativen Anwendungsszenarien für die Aus- und Weiterbildung bereits heute möglich sind. Als nächstes ist die Roadshow am 25. April in Wittenberge in der Prignitz zu sehen. Dann geht es weiter nach Stuttgart, München, Hannover und Köln. Ich kann Ihnen einen Besuch der Show nur ans Herz legen.

Selbstverständlich umfasst das Thema Bildung in der digitalen Welt noch sehr viel mehr und wir sollten nicht erst in der Berufs- und Hochschulbildung beginnen. Es betrifft auch die frühkindliche und die schulische Bildung.

Wenn wir ernsthaft überzeugt sind, dass der Einzelne nicht nur lesen, rechnen, schreiben können muss, sondern auch medienkompetent sein soll, dann müssen wir Jugendliche früh dazu befähigen. Deshalb hat der Bund angekündigt, im Rahmen des DigitalPakts Schule insgesamt 5 Milliarden Euro für die Modernisierung von Schulen bereit zu stellen. Davon entfallen 3,5 Milliarden Euro auf die aktuelle Legislaturperiode.

Technik ist aber kein Selbstzweck. Im Mittelpunkt stehen weiterhin Lehrende und Lernende. Für uns gilt das Primat der Pädagogik.

Die Länder tragen die Verantwortung dafür, dass Bildungs- und Lehrpläne an die neuen Technologien angepasst und Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen entsprechend fortgebildet werden. Zudem sollen die Kommunen einen professionellen Support sicherstellen. Denn nur durch das gemeinsame Handeln von Bund, Ländern und Gemeinden kann der DigitalPakt Schule unser Bildungssystem erfolgreich stärken.

Digitalisierung ist mehr als Technik. Sie ist kein Selbstzweck, sondern soll konkreten Nutzen, einen Mehrwert entfalten. Für den Unterricht zählt beispielsweise dazu, dass Materialien und Übungsaufgaben auf zentralen Lernplattformen bereitgestellt werden können. Hier unterstützen wir im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ bereits an Hochschulen den Umgang mit innovativen Methoden in der Ausbildung Ihrer künftigen Kollegen. Die dabei entstehenden Online-Kurse können Hochschulübergreifend, auch für Lehrerfortbildungen, eingesetzt werden.

Wir sind weit davon entfernt, dass Technik den Lehrer oder die Lehrerin in der Klasse ersetzen wird. Für uns stehen der Mensch und menschliches Miteinander im Mittelpunkt. Technik kann helfen, vieles einfacher zu machen. Den Menschen in der Schule ersetzen, das kann sie nicht. Auch macht die Technik alleine das Lernen nicht effektiver. Das sagt uns die Bildungsforschung schon seit vielen Jahren. Vielmehr sind die Investitionen in die Digitaltechnik der Schulen Zukunftsinvestitionen in das deutsche Bildungswesens insgesamt. Der Schüler muss also auf die Zukunft vorbereitet werden. Darum geht es uns! Und für diese Aufgabe benötigen wir exzellente berufliche Schulen.

Sie sehen: Wir tun schon viel für die berufliche Bildung von Morgen.

Aktuell beschäftigt uns zudem die Integration von jugendlichen Migranten und Migrantinnen. Hier übernehmen Sie als Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen eine wichtige Schlüsselaufgabe, die für gelingende Integration entscheidend ist. Ihr Einsatz im Rahmen von Angeboten zur Berufsvorbereitung, zusätzlichem Deutschunterricht oder bei die Einrichtung von Internationalen Klassen ist absolut wesentlich, um die Zahl der Nichtqualifizierten nicht weiter steigen zu lassen. Die Bundesregierung wird die assistierte Ausbildung ausbauen und die ausbildungsbegleitenden Hilfen stärken, um zu einer gelingenden Integration beizutragen.

Die berufliche Bildung wollen wir insgesamt stärken und dafür gemeinsam mit dem Parlament zentrale Gesetzgebungsvorhaben verwirklichen:
• Die Allianz für Aus- und Weiterbildung wird fortgeführt
• Wir werden einen Berufsbildungspakt schließen.
• Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) werden wir novellieren. Das neue AFBG soll durch deutliche Leistungsverbesserungen zukünftige Fach- und Führungskräfte über den Weg der beruflichen Bildung unterstützen.
• Mit der Mindestausbildungsvergütung und verstärkter Förderung der internationalen Mobilität von Auszubildenden wollen wir berufliche Bildung attraktiver gestalten.

Die Bundesregierung ist überzeugt: die berufliche Bildung kann mit der akademischen Bildung nicht nur mithalten, sie ist mindestens gleichwertig! Einen zusätzlichen Impuls wird die Debatte um die Bedeutung von beruflicher Bildung auch dadurch erfahren, dass das Parlament eine Enquête-Kommission zu diesem Thema einsetzen wird.

Meine Damen und Herren, eine berufliche Bildung im Wandel braucht starke Lehrkräfte, die diesen Wandel mitgestalten. Genau das haben Sie sich mit Ihrem neuen Bundesverband vorgenommen. Für Ihre wichtige Arbeit für unser berufliches Bildungssystem und damit für unsere Gesellschaft wünsche ich Ihnen im Namen der Bundesregierung viel Erfolg und freue mich auf die Zusammenarbeit.