Meine Rede am Sonntag, dem 5. Juni 2016 in Jülich
Sehr geehrte Frau Ministerin Schulze, sehr geehrter Herr Staatssekretär Grünewald, sehr geehrter Herr Staatssekretär Knitsch, sehr geehrter Herr MdB Nietan, sehr geehrter Herr MdB Krischer, sehr geehrter Herr MdB Benning, sehr geehrter Herr MdL Wirtz, sehr geehrter Herr MdL Hachen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Fuchs, sehr geehrter Herr Bürgermeister Heuser, sehr geehrter Herr Professor Marquardt,
verehrte Gäste,
Ich möchte Sie alle sehr herzlich begrüßen. Es ist mir eine besondere Freude und Ehre zugleich, heute hier mit Ihnen das neue Gebäude des Instituts für Neurowissenschaften und Medizin einzuweihen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich Ihnen im Jahr 2013 symbolisch den Schlüssel für das damals neue PET-Zentrum für die Hirnforschung übergeben habe. Mit der heutigen Einweihung setzt das Forschungszentrum Jülich seinen erfolgreichen Weg im Bereich der Neurowissenschaften fort. Zugleich ist dies Ausdruck der nationalen und internationalen Spitzenstellung der Jülicher Neurowissenschaftler.
Die Einweihung des neuen Gebäudes am heutigen Tag der Neugier ist ein gelungenes Symbol für die zukünftige Forschungsarbeit, die hier durchgeführt werden soll. Ist doch die Neugier für Sie als Forscherinnen und Forscher gerade zu elementar. Die Nobelpreisträgerin Ada Yonath sagte mal in einem Interview, dass Wissenschaftler unbedingt Neugier und Leidenschaft bräuchten und dass diese zwei Dinge wesentlicher als alles andere seien. Und für uns alle gilt doch, solange man neugierig ist, kann einem das Alter nichts anhaben, richtig?
Wenn ich in die Zukunft blicke, scheint an diesem Sprichwort etwas dran zu sein, denn ich sehe eine Gesellschaft des langen Lebens. Dank verbesserter Lebensbedingungen, guter medizinischer Versorgung und nicht zuletzt dank Erfolgen der Gesundheitsforschung ist ein hohes Alter inzwischen für die meisten von uns erreichbar. Die aktuelle Lebenserwartung bei neugeborenen Mädchen liegt bei 83 Jahren, bei neugeborenen Jungen bei 78 Jahren. Das ist erfreulich.
Leider heißt ein hohes Alter aber auch: Mehr und oftmals chronische Erkrankungen – darunter solche, gegen die wir bisher keine wirksamen Mittel gefunden haben. Schätzungen zufolge dürfte die Gesamtzahl von Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen bis 2050 auf über 3 Mio. ansteigen. Wir gehen bereits jetzt davon aus, dass schon heute weit über eine Millionen Menschen an Demenz erkrankt sind. Dazu kommen psychische Erkrankungen, die eine besondere Belastung für die betroffenen Menschen wie für ihre Angehörigen darstellen. Sie sind heute der häufigste Grund für eine Frühverrentung. Alleine 4 Mio. Menschen leiden in Deutschland an Depressionen, weltweit gehen aktuelle Schätzungen von 350 Mio. Betroffenen aus. Neurologische und psychische Erkrankungen stellen heute eine große gesellschaftliche Herausforderung dar.
Eine starke neurowissenschaftliche Forschung ist daher zentraler Bestandteil der Förderstrategie des BMBF. Oftmals verstehen wir die genauen Ursachen und Mechanismen einer Erkrankung noch nicht. Hier müssen wir weitere Forschung betreiben um dieses zentrale Wissen zu erlangen. Und dort, wo wir bereits weiter sind, liegt unser Fokus auf der Entwicklung verbesserter Präventions-, Diagnose- und Therapieverfahren.
Folgerichtig unterstützt das BMBF Vorhaben zur Erforschung des Gehirns und seiner Erkrankungen allein im Rahmen der Projektförderung mit ca. 350 Mio. Euro. Zusätzlich investieren wir jährlich fast 80 Mio. € in die Forschung am Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), einem wichtigen Partner des FZJ.
Erst kürzlich hat der Aufsichtsrat beim FZJ unter Vorsitz des BMBF die gemeinsame Antragstellung des FZJ und des DKFZ zur Maßnahme National Imaging Facility (NIF) im Rahmen des Roadmap-Prozesses für Forschungsinfrastrukturen des BMBF gebilligt. Ziel des Antrags ist es, eine Nationale Bildgebungseinrichtung mit ersten Standorten am FZJ und DKFZ aufzubauen, die der biomedizinischen Wissenschaftsgemeinschaft offenen Zugang zu diagnostischen Bildgebungstechnologien wie MRT oder PET ermöglicht. Die Investitionssumme für das Gesamtprojekt liegt bei über 300 Mio. €.
Liebe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Geld bei Ihnen sehr gut aufgehoben ist. Denn die Neurowissenschaftlerinnen und Neurowissenschaftler in Deutschland zählen wie in kaum einem anderen biomedizinischen Forschungsgebiet zu den Besten der Welt. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den Erfolg deutscher Wissenschaftler ist die Erforschung des Gehirns mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren.
Denn Einsichten brauchen Einblicke. In der Wissenschaft heißt das, die Geheimnisse des Lebens immer tiefer, bis auf die molekulare Ebene, zu ergründen. Das Ziel ist es, Krankheiten besser zu verstehen und in weiteren Schritten besser zu diagnostizieren und zu behandeln. Bildgebende Verfahren ermöglichen uns diese Einblicke – und kaum eine andere Disziplin zieht so großen Nutzen aus dieser technologischen Entwicklung wie die Neurowissenschaft.
Mit dieser Entwicklung ist die Neurowissenschaft zu einer der Leitdisziplinen unserer Zeit aufgestiegen. Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems sind von enormer individueller, gesellschaftlicher und ökonomischer Relevanz.
Das Rückgrat der medizinischen Forschungsarbeiten und klinischen Studien im Bereich der emissionstomographischen Bildgebung bildet die Entwicklung und Translation innovativer „smarter“ Radiotracer. Sie werden für die molekulare Bildgebung hier am INM-5 als Radiopharmaka entwickelt. Mit Ihnen können Stoffwechselvorgänge im Inneren des Körpers überhaupt erst sichtbar gemacht werden.
Spitzenforschung ist aber ohne leistungsstarke Infrastruktur undenkbar. Daher unterstützt das BMBF den Neubau, den wir heute gemeinsam einweihen, mit rund 9 Mio. Euro. Das heißt, der Bau wurde zu 90% vom BMBF finanziert. Insgesamt stellt das BMBF für in die Erforschung neurologischer Erkrankungen am FZJ mit über 30 Mio. Euro.
Die neuen Räumlichkeiten werden u.a. zur Optimierung der Abläufe dienen, da die Forschung, die bislang auf mehrere, teils weit auseinander liegende Gebäude verteilt waren, nun zusammengeführt werden kann. In Zukunft soll der richtige Ansatz „Entwickeln, testen, anwenden – alles unter einem Dach“ noch weiter verbessert werden. Hierfür wünsche ich Ihnen auch weiterhin gutes Gelingen und viel Erfolg.
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