Befassung des Deutschen Bundestages mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen

09.05.2012

Protokoll der Fragestunde

Vizepräsident Eduard Oswald: Gut. – Damit gehen wir weiter. Die Fragen 22 und 23 des Kollegen Willi Brase und die Fragen 24 und 25 des Kollegen Dr. Ernst Dieter Rossmann werden schriftlich beantwortet. Ich rufe Frage 26 unserer Kollegin Frau Agnes Alpers auf: In welcher Form soll der Deutsche Bundestag mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen, DQR, befasst werden, und welches Gremium soll nach dem Abschluss der Debatte um die Einstufung verschiedener Abschlüsse in den DQR abschließend über ein entsprechendes Regelwerk entscheiden? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Bundestagsabgeordnete Alpers, ich kann Ihnen dazu zurzeit nur sagen, dass darüber Beratungen stattfinden, es aber noch keine abschließende Meinungsbildung gibt, welches Gremium oder welche Gremien damit befasst werden.

Vizepräsident Eduard Oswald: Ihre erste Nachfrage, Frau Kollegin Alpers.

Agnes Alpers (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Rachel, vielen Dank, das war genau die Antwort, die wir schon in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage bekommen hatten. Diese liegt schon ein wenig zurück. Daher frage ich noch einmal ganz konkret nach, wie die Bundesregierung dies sieht. In den anderen europäischen Ländern ist es üblich, dass auch das Parlament involviert und an diesem Prozess der Entscheidungsfindung wesentlich beteiligt wird. Plant die Bundesregierung, das Parlament einzubeziehen und wesentliche Entscheidungen hier im Parlament zu treffen?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Frau Kollegin Alpers, die Tatsache, dass sich meine Antwort mit der Antwort der Bundesregierung auf eine
frühere Anfrage deckt, zeigt die Kontinuität und Stringenz der Antworten der Bundesregierung. Warum ist dem so? Wir haben keine rechtliche Vorgabe von europäischer Seite. Vielmehr gibt es eine Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rats zur Einführung des Europäischen Qualifikationsrahmens. Diese hat keinen rechtsverbindlichen Charakter und überlässt es insofern den Mitgliedstaaten, in welcher Form sie zu einer Meinungsbildung und Beschlussfassung kommen. Ich darf Ihnen vielleicht den aktuellen Stand des Prozesses erläutern. Bund und Länder, in dem Fall das BMBF und die Kultusministerkonferenz, haben sich auf eine sogenannte Bund-Länder-Koordinierungsgruppe DQR verständigt. Neben unserem Ministerium und der KMK gehören ihr das Bundeswirtschaftsministerium und auch die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder an. Neben diesem Gremium gibt es ein zweites Gremium, das sich aus Akteuren aus dem Bildungsbereich, Vertretern der Sozialpartner und Experten aus der Wissenschaft zusammensetzt. Dies ist der sogenannte Arbeitskreis DQR. Er befasst sich mit der detaillierten Ausgestaltung und auch mit der Frage, wie es weitergehen soll.

Vizepräsident Eduard OswaldIhre zweite Nachfrage, Frau Kollegin Agnes Alpers.

Agnes Alpers (DIE LINKE)Die Beteiligung des Parlaments oder auch der Parlamente – ich beziehe jetzt einmal die Länder mit ein – ist, so haben Sie es gesagt, nicht rechtsbindend. Erstaunlich ist, dass sich die Bundesregierung, die Arbeitgebervertreter und die Arbeitnehmervertreter dafür ausgesprochen haben, das Abitur mit einer vollqualifizierenden Ausbildung gleichzusetzen. Hätte man nicht das Parlament beteiligen sollen? War es richtig, entgegen ganz Europa die Schulabschlüsse auszunehmen? Wie steht die Bundesregierung dazu, diesen Prozess weiter voranzutreiben und das Parlament und auch die Länderparlamente hier mehr mit einzubeziehen?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und ForschungFrau Kollegin Alpers, ich möchte mir Ihre Darstellung nicht in dieser Form zu eigen machen, bin aber in einem Punkt, glaube ich, nahe bei Ihnen. Ich finde, die Lösung, auf die sich die verschiedenen Partner verständig haben, dass das Abitur bei der DQR-Berechnung zunächst herausgelassen wird, ist gut. Denn letztlich handelt es sich beim Abitur um einen schulischen Abschluss, während sich der DQR auf die Frage der Mobilität auf dem Arbeitsmarkt bezieht. Wir haben bei diesem Prozess in der Vergangenheit darauf geachtet, dass es bei der Anerkennung nebenberuflicher Qualifikationen einen umfangreichen Austausch und eine intensive Beratung, auch mit den Sozialpartnern, gibt. Ich glaube, dass das gut ist. Denn die Lösungen, die hier vorgezeichnet werden, sollten später auch von den verschiedenen Seiten in den Betrieben unterstützt werden.

Vizepräsident Eduard OswaldEine Nachfrage unseres Kollegen Uwe Schummer.

Uwe Schummer (CDU/CSU)Herr Staatssekretär, beim Europäischen Qualifikationsrahmen und beim Deutschen Qualifikationsrahmen hat sich das Parlament ja mehrfach mit Anträgen über die Fraktionsgrenzen hinweg befasst und Positionen formuliert. Eine entscheidende Position lautet, dass berufliche und akademische Ausbildung gleichwertig anzusehen sind. Es ist zu beobachten, dass es im europäischen Raum eine entsprechende Bewegung gibt. Ist der Schritt hin zur dualen Ausbildung insgesamt und zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung im Deutschen Qualifikationsrahmen gelungen?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Bundestagsabgeordneter Schummer, dies ist tatsächlich das gemeinsame Anliegen des Bundestages, vor
allem der Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung. Bei der Beschreibung, die wir im DQR vorgenommen haben, ist dies gelungen. Ich will beispielhaft daran erinnern, dass wir die gleichwertige Zuordnung eines Meisterabschlusses und eines Bachelorabschlusses auf Niveau 6 des DQR vorgesehen haben. Ich glaube, dies ist ein deutliches Signal in dem Sinne, in dem Sie Ihren Wunsch geäußert haben.

Vizepräsident Eduard Oswald: Eine Nachfrage unseres Kollegen Ralph Lenkert.

Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatssekretär, beim DQR und beim EQR, also beim Deutschen Qualifikationsrahmen und beim Europäischen Qualifikationsrahmen,
geht es ja hauptsächlich um Mobilitätsfragen. Uns geht es aber auch um die Vergleichbarkeit. Wie wollen Sie die Vergleichbarkeit von Abschlüssen verbessern und voranbringen?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Bundestagsabgeordneter, gerade der DQR ist ein Instrument, das zur Transparenz beitragen soll. DQR
und EQR werden natürlich nicht alle Fragen dieser Welt lösen. Aber: Der DQR ist ein Instrument zur Erhöhung der Transparenz, das zur besseren Orientierung und Vergleichbarkeit von Qualifikationen innerhalb des deutschen Bildungssystems, aber auch zwischen unterschiedlichen Bildungssystemen in Europa dienen soll. Insofern werden Gleichwertigkeiten, aber auch manche Unterschiede sichtbar werden.