3. Entwicklungskonferenz „Klima retten – Braunkohle stoppen – Zukunft gestalten"

03.02.2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich freue mich, dass heute hier in Kirchenkreis Jülich bei der 3. Entwicklungskonferenz zum Thema „Klima retten – Braunkohle stoppen – Zukunft gestalten“ auch über die Ergebnisse und Erfahrungen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojektes berichtet werden wird. Herr Jens Schneider vom Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der RWTH Aachen hat die Leitung der Innovationsgruppe „Render - Regionaler Dialog Energiewende - Gemeinsam zu der EnergieRegion Aachen 2030“.
Diese Innovationsgruppe ist ein Beispiel für solche Themen und Forschungsansätze, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit erheblichen Mitteln unterstützt.

Die Energiewende stellt neben den  technologischen Aspekten vor allem eine gesellschaftliche Grundsatzentscheidung dar.
Wir brauchen eine sichere, bezahlbare und saubere Energie für eine nachhaltige und umweltfreundliche Wirtschaft und Gesellschaft. Der Atomausstieg ist beschlossen, bis 2022 gehen die letzten Meiler vom Netz. Die CO2-Ziele, die wir uns gesetzt haben, sind ehrgeizig. Die erreichen wir nur, wenn wir es schaffen, den CO2-Ausstoß massiv zu reduzieren und das CO2, das bereits in der Luft ist, wieder herauszufiltern. Die Vereinten Nationen haben sich im September 2015 auf 17 nachhaltige Entwicklungsziele geeinigt. Eines davon heißt: Den Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern. Das ist jetzt unser Anspruch. Und es gibt noch ein zweites Ziel, an dem wir arbeiten: Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen. Wir werden uns daran messen lassen, wie viel Treibhausgase wir in Zukunft weniger ausstoßen. Die Industrie und die Städte sind die größten Hebel, an denen wir hier ansetzen können.

Die Energiewende markiert den Aufbruch in das Zeitalter der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. Bis zum Jahr 2050 wollen wir die Energieversorgung Deutschlands überwiegend durch erneuerbare Energien gewährleisten. Dies erfordert einen grundlegenden Umbau unserer Energieversorgungssysteme und stellt uns vor ökonomische und technologische Herausforderungen.

So gehen etwa Großkraftwerke, die bisher für die Stabilität der Stromversorgung wichtig waren, vom Netz. Im Süden Deutschlands werden große Photovoltaik-Anlagen installiert, vor den Küsten von Nord-und Ostsee entstehen große Windparks.

Damit sinkt langfristig der Anteil der Stromproduktion, mit dem sich verlässlich – wetterunabhängig – planen lässt. Der Strukturwandel hin zu vermehrt dezentraler Energieerzeugung verlangt nach innovativen Lösungen.
Noch können wir nicht absehen, ob die Energiewende gelingen wird. Aber wir können alles dafür tun die Weichen richtig zu stellen.
Die Basis für neue Lösungen ist eine starke Innovationskraft, die unmittelbar von Forschung und Entwicklung abhängt. Denn fest steht: Kreativität bleibt unsere wichtigste Ressource, Wissen unser wichtigster Rohstoff.

Wir hier im „Rheinischen Revier“  erleben den Umbau der Energiesysteme hautnah. Das  "Rheinische Revier" ist noch immer geprägt durch die Gewinnung, Verstromung und Veredlung der Braunkohle.
Hier kann man gleichsam wie unter einem Vergrößerungsglas die Herausforderungen und widerstreitenden Aspekte und Interessen dieses Umbaus beobachten, den die Energiewende mit sich bringt.

Aber wir können auch sehen mit welch kreativen und exzellenten Lösungsansätzen eine Region, die so innovationsstark ist wie diese, mit den Herausforderungen und Veränderungen umgeht.
Das „Rheinische Revier“ hat sich in den letzten Jahren zu einer der innovativsten Technologieregionen Europas entwickelt.
Im Hightech Atlas 2015 steht es unter den Top 20. Bei den Aufsteigern der Kategorie Großunternehmen sogar unter den Top 10. Und beim diesjährigen Innovationspreis waren mit RWE und P3 telehealthcare gleich zwei Unternehmen aus der Region unter den Finalisten vertreten.

Dieses einzigartige Innovationsklima ist Ergebnis des Zusammenspiels von exzellenter Forschung und einer innovativen Unternehmenskultur. So konnten Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen in kompetitiven Ausschreibungen seit 2010 über 50 Mio. € (2010 – 2020) an Fördermitteln des Forschungsministeriums für die Energieforschung einwerben.
Dazu tragen die  Aachener Hochschulen und das Forschungszentrum Jülich maßgeblich bei. Sie sind weit über Aachen und Jülich hinaus bekannt und stehen für internationale Expertise – gerade im Bereich der Energieforschung.


Technologien für ein nachhaltiges Energiesystem werden die Leitmärkte der Zukunft mitbestimmen. Deutschland kann hier Vorreiter sein und neue Potentiale erschließen!


Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Innovationen nicht allein eine Frage des technisch und finanziell Machbaren, sondern auch der gesellschaftlichen Akzeptanz ist. Innovationsfähigkeit fängt im Kopf an, bei unserer Einstellung zu neuen Technologien und unserer Haltung zur Veränderung generell. Die Fähigkeit zur Innovation entscheidet über unser Schicksal. Die Einstellung einer Gesellschaft zu neuen Technologien ist eine wichtige Randbedingung für den Erfolg der Innovationsbemühungen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Wir brauchen Transparenz und öffentlichen Diskurs über die Probleme und Möglichkeiten neuer Technologien.

Die Bedeutung der Einbindung der Zivilgesellschaft in Forschungsprojekte ist daher nicht hoch genug einzuschätzen. Im Kern geht es letztlich um die Beantwortung der Frage, welche der technologischen Optionen sich aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger als vielversprechendste und als die verträglichste in der Praxis herauskristallisiert. Dies ist mit einer großen Verantwortung verbunden. Schließlich wird damit nicht nur der Weg für eine erfolgreiche Technologie geebnet, sondern wir müssen uns auch von technologischen Optionen verabschieden, die den Praxistest nicht bestehen.

Diesem Anspruch hat das Forschungsministerium in den letzten Jahren verstärkt und auf vielfältige Weise Rechnung getragen. Wir wollen die Menschen mitnehmen und bedarfsgerechte Lösungen entwickeln, um den dringend benötigten technologischen Fortschritt baldmöglichst der Gesellschaft zugänglich zu machen.

Das gilt vor allem auch für unsere Region: Bevor wir über ein wann bei der Frage des Kohleausstiegs reden, müssen wir erst intensiv darüber reden, wie wir den Menschen und den betroffenen Regionen eine Zukunftsperspektive geben können. Hierauf brauchen wir überzeugende Antworten -- und zwar ohne das Klimaziel aus den Augen zu verlieren.

Wir brauchen z.B. auch Antworten auf die Frage, wie sich der Kohleausstieg ökonomisch und sozial auswirkt. Der Umbau der Regionen, die vom Strukturwandel betroffen sind, ist daher ein großes Forschungsfeld. Das gilt natürlich ganz besonders für die Braunkohle-Regionen in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Sachsen und Brandenburg.

Nur wenn Wissenschaft, Praxis und die Menschen in der Region von Anfang an gleichberechtigt miteinander zusammen arbeiten, können Forschungsergebnisse in die regionale Praxis umgesetzt werden.

Hier setzt das Vorhaben „render“, das uns Herr Prof. Schneider im Anschluss im Detail vorstellen wird, an. „Render“ steht für „Regionaler Dialog Energiwende“. In Wissenschafts-Praxis-Teams sind Forschungseinrichtungen, Kommunen, Stadtwerke und Regionalplaner vertreten, ebenso wie Landwirte, Energieerzeuger, Energieagenturen und Ingenieurbüros. Es geht darum, in einer nachhaltigen Entwicklung mit allen Akteuren Lösungen für die Region zu finden, die allen wesentlichen Aspekten – wirtschaftlichen, ökonomischen und ökologischen – Rechnung tragen.

Für render stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung rund 3,5 Mio. Euro bereit. Ich freue mich nun auf die Ausführungen von Herrn Prof. Schneider und bin gespannt, was bereits erreicht wurde.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!