Waisenkinder der Medizin

27.02.2018

BMBF intensiviert Forschung zu Seltenen Erkrankungen
Rachel: "Wir wollen Diagnosen und Therapien für ALS-Patienten verbessern."

Sie sind die Waisenkindern der Medizin: Seltene Erkrankungen, im Englischen "orphan diseases". An ihnen leiden pro Land oft nur wenige Hundert Menschen - manchmal auch noch weniger. Das hat zur Folge, dass das Wissen über die Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten dieser Krankheiten gering ist - genau wie das wirtschaftliche Interesse, in neue Diagnosetechniken oder Wirkstoffe zu investieren. Für die Menschen, die von einer Seltenen Erkrankung betroffen sind, ist die Forschung zu den Grundlagen und Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankungen von gewaltiger Bedeutung.

"Nur gemeinsam - und über Fachgrenzen hinweg - können wir den Menschen helfen, die unter einer Seltenen Erkrankung leiden. Deshalb brauchen wir in diesem Forschungsbereich ein gut funktionierendes Netzwerk, das die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammenführt. Das wollen wir mit unserer Förderung unterstützen", sagt Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verstärkt sein Engagement zur Erforschung Seltener Erkrankungen mit einer neuen Fördermaßnahme. 21 Millionen Euro stellt es hierfür in den nächsten vier Jahren bereit. Die anwendungsorientierte Grundlagenforschung, die klinische Forschung und die Versorgungsforschung für Seltene Erkrankungen sollen in interdisziplinären Kooperationen zusammengeführt werden. So sollen neue diagnostische Möglichkeiten und innovative Therapien entstehen, die die Situation der Betroffenen und ihrer Angehörigen künftig wirkungsvoll verbessern.

Der internationale Tag der Seltenen Erkrankungen macht auf Anliegen von Menschen mit Seltenen Erkrankungen aufmerksam. Er fällt stets auf den letzten Tag im Februar - in Schaltjahren also auf den seltensten Tag des Jahres. In Ulm setzt das BMBF am 28. Februar 2018 ein weiteres deutliches Zeichen zur Stärkung der Forschung zu Seltenen Erkrankungen. Ulmer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den letzten Jahren grundlegende Mechanismen der Seltenen Erkrankungen Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), der Frontotemporalen Demenz (FTD) und der Huntington-Krankheit aufgedeckt. Nun wird Ulm ein weiterer Standort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), einem der sechs vom BMBF geförderten Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. "Insbesondere die Forschung zu Amyotropher Lateralsklerose (ALS) wird durch den neuen DZNE-Sitz einen immensen Schub erfahren.", betonte Forschungsstaatssekretär Thomas Rachel. Nach einer Übergangsphase wird das BMBF den DZNE-Standort Ulm ab 2021 gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg mit jährlich drei Millionen Euro fördern.

Seit 2003 fördert das BMBF Netzwerke, die die Ursachen Seltener Erkrankungen erforschen und neue Therapieansätze entwickeln. Für diese Forschung wurden bislang über 107 Millionen Euro bereitgestellt. Die bereits geförderten Forschungsverbünde decken ein breites Spektrum Seltener Erkrankungen ab - von Immunschwächeerkrankungen über Entwicklungsstörungen bis hin zu Erkrankungen des Nervensystems oder der Niere. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler identifizierten eine Vielzahl von krankheitsverursachenden Genen und gewannen neue Erkenntnisse zum Krankheitsverlauf.