Untergesetzliche Regelung des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes

09.05.2012

Protokoll der Fragestunde

Vizepräsident Eduard Oswald: Vielen Dank. Ich rufe Frage 16, gestellt von unserem Kollegen René Röspel, auf: Welche Regelungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes sind nach der Rechtsauffassung der Bundesregierung nicht untergesetzlich regelbar? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und ForschungNach Auffassung der Bundesregierung besteht für sämtliche Bestimmungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes ein gesetzliches Regelungsbedürfnis. Ich verweise hier auf den Entwurf zum Wissenschaftsfreiheitsgesetz und die entsprechende Begründung.

Vizepräsident Eduard OswaldIhre erste Nachfrage, Kollege René Röspel.

René Röspel (SPD)Vielen Dank. – Sie bezeichnen im Gesetzentwurf als Phase I das, was bisher in der Wissenschaftsfreiheitsinitiative untergesetzlich geregelt wurde. Sie sprechen davon, dass dies in Phase II verstetigt werden soll. Sie sagten gerade, es gebe einen gesetzlichen Regelungsbedarf. Wie funktionierte das in den letzten vier Jahren untergesetzlich, wenn es nun eines Gesetzes bedarf, um beispielsweise die Maßnahmen der Überjährigkeit umzusetzen? Wenn das nicht so ist: Warum entfristen Sie nicht die jetzige Initiative, statt ein Gesetz zu machen?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und ForschungHerr Kollege Röspel, ein ganz wichtiges Element des Entwurfs des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes, der auf Vorschlag der Koalitionsfraktionen zu Papier gebracht worden ist, ist, die Autonomie, die Selbstverantwortung, die Freiheit in die Wissenschaftseinrichtungen zu geben, und zwar nicht zeitlich beschränkt, wie wir es in der Freiheitsinitiative als ersten Versuch gemeinsam gemacht haben. Wir wollen das vielmehr grundsätzlich ermöglichen, weil wir mit der zeitlich beschränkten Regelung gute Erfahrungen gemacht haben, und dies mit der breiten gesetzgeberischen Legitimation – nicht nur der Administration in der Regierung – durch das Parlament. Wenn der Deutsche Bundestag diesen Gesetzentwurf unterstützt und verabschiedet, unterstreicht er, dass es sich um ein gemeinsames Anliegen der Volksvertreter des Deutschen Bundestages handelt, um den Wissenschaftseinrichtungen mehr Freiheit, Autonomie und Verantwortung zu geben.

Vizepräsident Eduard OswaldSie haben die Möglichkeit der zweiten Nachfrage. Bitte schön, Kollege Röspel.

René Röspel (SPD)Habe ich es richtig verstanden, dass diese Maßnahmen gesetzlich geregelt werden müssen?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und ForschungSo ist es. Ich darf noch einmal wiederholen: Nach Auffassung der Bundesregierung besteht ein gesetzliches Regelungsbedürfnis bei den Bestimmungen des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes. Sie werden feststellen, dass wir bei der Formulierung des Gesetzentwurfs sehr genau sowohl auf die gesetzliche Regelung als solche als auch darauf geachtet haben, dass die Rechte des Parlaments ausdrücklich gewährleistet werden und sichergestellt ist, dass das Ganze dem Budgetrecht des Gesetzgebers, des Bundestages, nicht zuwiderläuft.

Vizepräsident Eduard OswaldIch habe weitere Nachfragen. Zunächst der Kollege Tankred Schipanski.

Tankred Schipanski (CDU/CSU)Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, Sie haben richtig festgestellt, welche Vorteile eine gesetzliche Regelung hat. Sie haben dargestellt, wie das Parlament einbezogen wird. Meine Frage geht in folgende Richtung. Wir haben in diesem Gesetz vier große Teile: Haushalt, Personal, Beteiligungen und Bau. Welche Beschleunigungseffekte verspricht sich die Bundesregierung von dieser Gesetzesinitiative in diesen vier Bereichen?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Herr Kollege Schipanski, wir haben neben der inhaltlichen Erweiterung im Wissenschaftsfreiheitsgesetz im Verhältnis zur ersten Phase tatsächlich Beschleunigungselemente eingebaut, weil wir festgestellt haben – ich glaube, das haben auch die Forschungspolitiker im Bundestag sehr intensiv beobachtet –, dass die Forschungseinrichtungen nicht nur in einem nationalen Wettbewerb, sondern auch in einem starken internationalen, globalen Forschungswettbewerb stehen. Beispielsweise kann es im Bereich der wissenschaftlichen Bauvorhaben von erheblicher Relevanz sein, ob man bei einem neuen Forschungsprojekt schnell ein neues Labor usw. bekommt oder ob dies erst zeitverzögert der Fall ist. Deswegen haben wir eine Beschleunigung der Bauvorhaben für Wissenschaftseinrichtungen vorgesehen. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Element. Es gibt einen weiteren wichtigen Bereich, in dem wir Beschleunigungsmaßnahmen vorgesehen haben, nämlich den der Beteiligungen. Um zum Beispiel einen Know-how-Transfer aus den Forschungseinrichtungen in die praktische Wirtschaft hinein zu organisieren, wollen wir Ausgründungen oder bereits existierende Unternehmen in der Weise unterstützen, dass sich Forschungseinrichtungen daran beteiligen können. Hier haben wir eine entsprechende Beschleunigung vorgesehen.

Vizepräsident Eduard OswaldNächste Nachfrage von unserem Kollegen Dr. Peter Röhlinger. Bitte schön, Kollege Dr. Röhlinger.

Dr. Peter Röhlinger (FDP)Herr Staatssekretär, die Wissenschaft wartet auf das Wissenschaftsfreiheitsgesetz. Wir sind froh und dankbar, dass wir es nun endlich auf den Weg gebracht haben. Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir das bereits im Jahr 2011 geschafft. Speziell die wissenschaftsspezifischen Beschäftigungsverhältnisse standen im Fokus der Wissenschaftseinrichtungen. Welche Ziele werden mit der wissenschaftsspezifischen Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen verfolgt?

Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und ForschungLieber Herr Dr. Röhlinger, wir nehmen intensiv wahr, dass es in den Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in Deutschland einen harten Wettbewerb um die besten Frauen und Männer gibt. Das ist ein Wettbewerb, der international mit anderen Forschungseinrichtungen, aber auch zwischen Industrie und Wirtschaftsunternehmen auf der einen Seite und Forschungseinrichtungen auf der anderen Seite ausgetragen wird. Da die normalen Finanzierungs- und Lohnperspektiven im öffentlichen Dienst allerdings nicht immer den Möglichkeiten der Wirtschaft entsprechen bzw. gegenüber internationalen Wissenschaftsorganisationen zurückbleiben, haben wir im Wissenschaftsfreiheitsgesetz eine Veränderung vorgesehen, die sich im Wesentlichen so zusammenfassen lässt: Wenn Wissenschaftseinrichtungen Einnahmen oder Erlöse aus dem privaten Sektor – aus Drittmitteln, aus Wirtschaftserträgen, aus Spenden oder privaten Vermögen – haben, sollen sie in die Lage versetzt werden, diese Erlöse zu nutzen, um in Zukunft eine höhere Dotierung der qualifizierten Spitzenleute in Wissenschaft und Forschung realisieren zu können.