Kein assistierter Suizid in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen

14.01.2021

Der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK), Thomas Rachel MdB, warnt eindringlich davor, in Einrichtungen von Kirche und Diakonie zukünftig vom klaren Schutzkonzept für Schwerstkranke und Pflegebedürftige am Ende des menschlichen Lebens abzuweichen. Das Leitbild evangelischer Sterbebegleitung muss auch weiterhin ausschließlich in der bestmöglichen palliativmedizinischen und hospizlichen Für- und Seelsorge am Sterbebett bestehen. Die Ermöglichung von assistierter Selbsttötung als klinischer Regelleistung ist stattdessen unbedingt zu verhindern. Solches wäre ein fataler Irrweg, weil die politische Forderung nach einem vermeintlichen „Recht auf assistierten Suizid“ einem Zerrbild menschlicher Autonomie entspringt, das kirchlich auf gar keinen Fall befördert werden sollte. Dies wäre ein eklatanter und folgenschwerer Bruch mit dem evangelischen Grundparadigma von menschlicher Würde am Ende des Lebens:

„Den jüngsten Vorschlägen zur künftigen Ermöglichung von Beihilfe zur Selbsttötung (assistiertem Suizid) in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen von Seiten einiger Theologen und Vertreter aus der evangelischen Kirche (s. F.A.Z. vom 11. Januar, S. 8) muss widersprochen werden.

Das Proprium evangelischer Sterbebegleitung muss vielmehr auch weiterhin allein und ausschließlich im Leitbild bestmöglicher palliativmedizinischer und hospizlicher Für- und Seelsorge beim Sterben zum Ausdruck kommen. Hilfe zum Sterben in Form von Assistenz zur Selbsttötung ist hingegen keine adäquate Option kirchlich-diakonischen Handelns.

Die Ermöglichung einer organisierten Suizidassistenz in Häusern evangelischer Trägerschaft würde einen eklatanten und folgenschweren Bruch mit dem evangelischen Grundparadigma von menschlicher Würde und Freiheitsbestimmung am Ende des Lebens darstellen.

Aus guten theologisch-ethischen Gründen hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zusammen mit der Deutschen Bischofskonferenz klar und unmissverständlich gegen organisierten bzw. geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid ausgesprochen.

Suizidales Handeln ist immer ein zutiefst zu bedauerndes, tragisches Scheitern und allein schon deshalb ein ethisch wie politisch letztlich nicht vollständig regulierbarer Grenzfall menschlicher Existenz. Aus einer solchen Grenzsituation darf niemals ein Regelfall bzw. eine Art Regelleistung medizinischer Grundversorgung werden. Diese Maxime gilt es nun auch nach dem in vielfacher Hinsicht kritikwürdigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) aus dem letzten Jahr beizubehalten: Denn aus dem Kippen der mit guten Gründen vom Gesetzgeber beschlossenen Strafnorm bezüglich des § 217 (StGB) durch das BVG erfolgt nun noch lange nicht die Notwendigkeit, die eigenen, bewährten theologisch-ethischen Normen des kirchlichen und diakonischen Handelns zu relativieren.

Aus dem Urteil des BVG lässt sich keineswegs auf ein unbeschränktes, etwa jederzeit und überall einklagbares Individualrecht auf Beihilfe zur Selbsttötung schließen. Aus evangelisch-theologischer Sicht darf die komplexe Frage nach der Achtung vor der Selbstbestimmung am Ende des Lebens zudem niemals einseitig auf diese fatale Perspektive der Suizidassistenz enggeführt werden. In ihr wird ein Zerrbild menschlicher Autonomie ausgedrückt. Dies sollte von Kirche und Diakonie auf gar keinen Fall befördert werden.

Kirche und Diakonie sind stattdessen in allen ihren ureigensten Verantwortungsbereichen auch weiterhin dazu aufgerufen, auf der Basis des genuinen evangelischen Verständnisses von menschlicher Freiheit, Bindung und Selbstbestimmung klare und segensvollere Handlungsalternativen zu dem verheerenden und einseitigen Ruf nach Hilfe zum Suizid anzubieten.“